Astrologie
Astrologie

Die Astrologie (Sterndeutung, von altgr. ἄστρον astron ‚Stern‘ und λόγος logos ,Lehre‘) ist die Deutung von astronomischen Ereignissen und Gestirnskonstellationen in Bezug auf irdische Verhältnisse und Vorgänge. Neben der „westlichen“ Astrologie, die heute vor allem in Europa und Amerika verbreitet ist, sind auch die chinesische und die indische oder vedische Astrologie bedeutend.
Die westliche Astrologie hat ihre Ursprünge in vorchristlicher Zeit in Babylonien und Ägypten. Ihre in Grundzügen noch heute erkennbaren Deutungs- und Berechnungsgrundlagen erfuhr sie im hellenistisch geprägten griechisch-ägyptischen Alexandria. Aus ihr ging damals die Astronomie als deutungsfreie Beobachtung und mathematische Erfassung des Sternenhimmels hervor, und sie blieb lange Zeit als Hilfswissenschaft mit ihr verbunden.
In Europa hatte die Astrologie eine wechselvolle Geschichte. Nach der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion im Römischen Reich wurde sie bekämpft und ins Abseits gedrängt. Im späten Mittelalter gewann sie aber wieder an Reputation, und von der Renaissance bis zum 17. Jahrhundert war sie eine anerkannte Wissenschaft. Im Zuge der Aufklärung verlor sie jedoch in gebildeten Kreisen ihre Plausibilität. Erst um 1900 kam wieder ein ernsthaftes Interesse an der Astrologie auf, und seit den späten 1960er Jahren, ausgehend von der New-Age-Bewegung, hat sie in der westlichen Hemisphäre ein hohes Maß an Popularität erlangt.
Die Wissenschaft betrachtet die Astrologie heute vor allem aus religionswissenschaftlicher und kulturhistorischer Perspektive. Daneben werden empirische Studien durchgeführt, die insgesamt zu dem Ergebnis kommen, dass überprüfbare Aussagen von Astrologen statistisch nicht signifikant besser zutreffen als willkürliche Behauptungen.
Begriff
Astrologie hatte historisch mindestens drei verschiedene Bedeutungen.[1] Ursprünglich handelte es sich um die Beobachtung der Sterne aus rein praktischer Perspektive etwa im Hinblick auf die Landwirtschaft und die Wettervorhersage. Wesentlich später kam das Interesse auf, die Bewegungen der Planeten als solche auch wertfrei zu betrachten. Relativ jung ist das Ansinnen, derartige Beobachtungen für das Leben individueller Menschen nutzbar zu machen. Etwa zur Zeit des Aristoteles etablierte sich die Meteorologie als eigenständige Wissenschaft, aber erst in der Neuzeit erfolgte die Abspaltung der Astronomie.
Zugrundeliegende Weltanschauung]
Die Astrologie beruht auf der Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen den Positionen und Bewegungen von Planeten und Sternen und irdischen Ereignissen wie insbesondere dem Leben der Menschen gibt. Sie erhebt den Anspruch, diesen Zusammenhang zu erklären und auf dieser Basis zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Die klassische Formulierung dieser Weltsicht findet sich in der hermetischen Tabula Smaragdina: „Wie oben, so unten.“[2]
Diese Weltsicht war schon immer und ist bis heute im Wesentlichen religiöser Natur.[2] Ursprünglich wurden die Planeten und Fixsterne als göttliche Wesen angesehen, deren gewaltige Macht das Leben der Menschen bestimmte. Diese Einschätzung änderte sich jedoch allmählich, bis diese Himmelskörper nur noch Elemente einer kosmologischen Hierarchie waren und ihr Einfluss eher transzendent gesehen wurde.
In der heutigen westlichen Astrologie lassen sich vier Auffassungen über die Natur astrologischer Aussagen unterscheiden.[3] Die Esoterische Astrologie beruft sich auf ein von göttlichen Wesen oder von „Eingeweihten“ mitgeteiltes Wissen. Die symbolische Astrologie setzt ein tradiertes Deutungsystem voraus, in welchem astronomischen Gegebenheiten eine Bedeutung in Bezug auf irdische zugeschrieben wird. Daneben wird eine „Astrologie als Erfahrungswissenschaft“ vertreten, die sich um eine empirische Grundlegung bemüht, und schließlich gibt es noch die Einflusshypothese, wonach die astrologischen Planeten auf Lebewesen in einer bislang nicht näher bekannten Weise einwirken.
Wissenschaftstheoretische Einordnung
Aus wissenschaftstheoretischer Sicht handelt es sich bei der Astrologie in ihrer historischen Form um eine Lehre im vorwissenschaftlichen Stadium (Protowissenschaft). Sie basierte auf der damals allgemein akzeptierten Vorstellung, dass Himmelskörper – im Sinne einer universellen Naturgesetzlichkeit – direkten Einfluss auf irdische Ereignisse ausüben. Auf Basis dieser Grundannahme verwendeten frühe Astrologen mathematische Modelle, um Regelmäßigkeiten in beobachtbaren Naturphänomenen aufzuweisen. Da der Zeitpunkt eine entscheidende Rolle spielte, wurden schon früh detaillierte Tabellen angelegt, um den Eintritt bestimmter Ereignisse zu prognostizieren. Zur Bestimmung der Position und Umlaufbahn von Planeten waren komplexe Formen von Geometrie und Trigonometrie notwendig. Daher handelte es sich bei diesen Praktiken nicht um Aberglaube, sondern um eine Frühform der Wissenschaft.[4] Die Suche nach Regelmäßigkeiten in Naturerscheinungen und deren umfassende Beschreibung in rationaler Form ist ein typisch wissenschaftliches Programm.[5] Daher sah auch der Philosoph Ernst Cassirer in der Astrologie eine prinzipiell wissenschaftliche Denkform. Sie verwende Erklärungen, „die, wie unsicher und haltlos sie im Einzelnen scheinen mögen, doch dem allgemeinen Typus des ursächlichen Denkens, des kausalen Folgerns und Schließens, angehören“.[6]
Wenn heute neben der Astronomie, dem akademischen Zweig der Gestirnslehre, auch weiter Astrologie betrieben wird, stellt sich die Frage, wie dies aus wissenschaftstheoretischer Sicht zu beurteilen ist. Hier kamen Wissenschaftstheoretiker zwar zu ähnlichen Ergebnissen, aber mit unterschiedlichen Begründungen. Astrologie ist ein klassisches Fallbeispiel für die Suche nach einem Unterscheidungskriterium von Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft. Karl Popper unterschied zwischen Wissenschaft, Pseudowissenschaft und Metaphysik.[7] Der Fall Astrologie stellt nach Popper ein übliches Unterscheidungsmerkmal in Frage: Oft werde argumentiert, dass sich Wissenschaft von Pseudowissenschaft oder Metaphysik dadurch abgrenze, dass sie eine empirische Methode verwende, die von Beobachtungen und Experimenten ausgeht. Dies treffe aber auch auf die Astrologie zu, die eine stupende Masse von empirischen, auf Beobachtung basierenden Belegen sammle und dennoch nicht wissenschaftlichen Standards genüge. Für Popper lag das daran, dass Astrologie (darin in seiner Sicht der Psychoanalyse ähnlich) eher wie ein „Mythos“ funktioniert, der nach Bestätigung seiner Überzeugungen sucht, statt Hypothesen ergebnisoffen an der Wirklichkeit zu testen. Astrologen seien beeindruckt und fehlgeleitet von dem, was sie für Bestätigungen ihrer Annahmen halten. Mehr noch, sie formulierten ihre Interpretationen und Prophezeiungen so vage, dass alles, was als Widerlegung gelten könnte, leicht wegargumentiert werden könne. Das zerstöre die Testbarkeit der Theorie.[8] So sei auch nicht die Herleitung aus archaischen Mythen das wesentliche Problem der Astrologie – das gelte für alle wissenschaftlichen Theorien –, sondern dass sie sich nicht in Richtung einer Testfähigkeit entwickelt habe.[9] Für Popper war Astrologie somit eine Pseudowissenschaft (Scheinwissenschaft), da sie zwar induktiv und empirisch vorgeht (und damit wissenschaftlichen Anschein erweckt), sich aber systematisch ihrer Überprüfung entzieht (und damit den wissenschaftlichen Anschein nicht einlöst).
Thomas S. Kuhn wendete gegen Poppers Argumentation ein, dass weder die Vorhersagemethoden noch der Umgang mit Falschprognosen die Astrologie aus dem wissenschaftlichen Kanon ausschließe. Astrologen hätten von jeher die epistemologischen Probleme ihres Vorgehens reflektiert, auf die Komplexität und Fehleranfälligkeit ihrer Methoden hingewiesen und unerwartete Ergebnisse diskutiert. Für ihn ist Astrologie aus einem anderen Grund keine Wissenschaft: Astrologie sei ihrem Wesen nach eher praktisches Handwerk, darin dem Ingenieurswesen, der Meteorologie oder der frühen Medizin ähnlich. So gab es Regeln und Erfahrungswissen, aber keine übergeordnete Theorie. Im Mittelpunkt stand Anwendung, nicht Forschung.[10] Ohne theoriegeleitete Problemlösung habe die Astrologie keine Wissenschaft werden können, selbst wenn die Annahme richtig gewesen wäre, dass die Sterne das menschliche Schicksal bestimmen. Auch wenn Astrologen testbare Vorhersagen trafen und feststellten, dass diese nicht immer zutrafen, bildeten sie keine wissenschaftstypischen Strukturen aus (Normalwissenschaft).
Für Paul Feyerabend war weder die mangelnde Testfähigkeit noch die fehlende Problemlösungsabsicht das Kernproblem der Astrologie, sondern deren fehlende Weiterentwicklung. So habe die Astrologie sehr interessante und fundierte Ideen gehabt, diese aber nicht konsequent fortgeführt und auf neue Bereiche übertragen.[11]
Der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Paul R. Thagard versuchte 1978 eine Synthese der bisherigen Abgrenzungsversuche.[12] Er suchte ein komplexes Kriterium, das neben den logischen Erwägungen Poppers auch die sozialen und historischen Gesichtspunkte Kuhns und Feyerabends einbezieht. In Abgrenzung zu Popper und in Übereinstimmung mit Kuhn und Feyerabend verwies Thagard auf die „Progressivität“ einer Theorie. In seiner Definition ist eine Theorie oder Disziplin, die beansprucht wissenschaftlich zu sein, dann pseudowissenschaftlich, wenn sie über einen längeren Zeitraum weniger progressiv ist als alternative Theorien und zugleich zahlreiche ungelöste Probleme beinhaltet. Weitere Merkmale sind: Die Vertreter der Theorie unternehmen wenige Versuche einer Weiterentwicklung, bereinigen nicht konkrete Widersprüche, setzen die Annahmen ihrer Theorie nicht in Beziehung zu anderen Theorien und gehen selektiv mit möglichen Widerlegungen um. All dies sei bei der Astrologie der Fall und damit lasse sich an ihrem Beispiel eine allgemeine Abgrenzungsmatrix entwickeln.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass – aus wissenschaftstheoretischer Perspektive – die Astrologie in ihrer historischen Form am ehesten als Protowissenschaft oder „fossile Wissenschaft“ zu bezeichnen ist, während heutige Formen, so sie einen wissenschaftlichen Anspruch erheben, als Scheinwissenschaft zu charakterisieren wären, da sich der theoretische Rahmen der Lehre nicht weiterentwickelt und sich die Axiome und Aussagen wissenschaftlicher Überprüfbarkeit entziehen. Wird jedoch kein wissenschaftlicher Anspruch erhoben, handelt es sich eher um kulturelle Praktiken, also Kunst, Unterhaltung oder Metaphysik (Religion, Spiritualität bzw. Esoterik oder Aberglaube).
Geschichte der westlichen Astrologie
Antike
Früheste Hinweise auf eine Astrologie im Sinne von Himmelsbeobachtungen und daraus abgeleiteten Vorhersagen gibt es bereits bei den Sumerern im Zusammenhang mit der bei ihnen gebräuchlichen Eingeweideschau, aber zu einer Ausprägung von Elementen eines astrologischen Systems kam es in Mesopotamien erst wesentlich später.[13] Ihr lag die Vorstellung eines Einklangs zwischen Himmel und Erde und dem Bereich der Götter zugrunde, die alle einem vorbestimmten Schicksal unterworfen seien. So wurde etwa jede Himmelserscheinung aufmerksam verfolgt und als günstig oder ungünstig für ein Volk oder für einen Herrscher bewertet. Eine Vielzahl derartiger Vorhersagen fand sich in der Bibliothek Assurbanipals in den Ruinen von Ninive. In diesem Zusammenhang wurde jedem Tag, jedem Monat oder auch einzelnen Regionen des mesopotamischen Reiches eine astrale Gottheit zugeordnet. Als höchste planetare Gottheit wurde damals der Mond betrachtet. Das Konzept des Tierkreises und seine Aufteilung in „Zeichen“ wurde ebenfalls bereits in Mesopotamien entwickelt.
Auch in Ägypten wurden die Einflüsse der Gestirne ursprünglich nicht auf einzelne Personen bezogen. Ihre Bewegungen und Auf- und Untergänge wurden zur Bewertung günstiger und ungünstiger Tage herangezogen, beeinflussten den exakten Zeitpunkt von Kulthandlungen und die Wahl von Bauplätzen für Tempel.[13]
Durch ihr Vordringen nach Osten vom 8. bis zum 6. Jh. v. Chr. kamen die Griechen in vermehrten Kontakt mit den Chaldäern, insbesondere mit Babylonien zur Zeit Nebukadnezars. Von diesen übernahmen sie die astrologischen Techniken, über die sie bisher nicht verfügten, und damit verbundene religiöse Vorstellungen.[13] Nach den Eroberungszügen Alexanders des Großen im 3. Jh. v. Chr. breiteten sich viele östliche Mysterienreligionen in der hellenistischen Welt aus. Mit diesen waren oft astrologische Lehren verbunden, die allerdings nur in kleinen Kreisen gepflegt wurden, sowie teilweise auch Kulte der Sternverehrung. Das Aufkommen individualistischer Tendenzen eröffnete die Perspektive möglicher Einflüsse von Gestirnen auf das individuelle Schicksal.[14]
Der ägyptische Priester Manetho und der babylonische Priester Berossos brachten im 3. Jh. v. Chr. Darstellungen der Geschichte ihrer jeweiligen Zivilisation heraus, in denen sie auch astrologische Gesichtspunkte behandelten, insbesondere bei den Genealogien.[15] Berossos eröffnete zu Beginn des Jahrhunderts auf der Insel Kos eine regelrechte Astrologieschule, die großes Ansehen erlangte. Dies gilt als der Beginn einer „wissenschaftlichen“ Astrologie. Die Astrologie hatte im antiken Griechenland die Würde eines Glaubens und galt zugleich als wissenschaftlich begründet. Im Unterschied zu ihren chaldäischen Vorläufern berücksichtigte sie neuere astronomische Erkenntnisse, und die astrologische Vorhersage bezog sich nicht mehr nur auf Völker und deren Herrscher, sondern konnte für beliebige Einzelpersonen vorgenommen werden.
In Rom erlangte die Astrologie ab dem ersten nachchristlichen Jahrhundert eine große Popularität in allen Bevölkerungsschichten.[15] Auch einige Kaiser wie Tiberius gehörten zu ihren Anhängern. Es gab allerdings auch kritische Stimmen, darunter der Satiriker Lukian von Samosata. Die Vorstellung, dass die Bewegungen der Planeten das Schicksal der Menschen vollkommen bestimmten, galt zu dieser Zeit weithin als plausibel. Mit dem syrischen Baal-Kult und dem Mithras-Kult verbreitete sich zudem die Gestirnsverehrung und verband sich mit der Astrologie. Eine philosophische Rechtfertigung erfuhr die Astrologie vor allem aufgrund der Stoa.
Aus dem 2. Jahrhundert sind zwei umfangreiche Kompendien der damaligen Astrologie erhalten.[16] Das aus abendländischer Sicht bedeutendere war das vierbändige Tetrabiblos des Claudius Ptolemäus. Es war als systematisches Lehrbuch der Geburtshoroskopie konzipiert, also der Erstellung eines Horoskops für den Zeitpunkt der Geburt eines Menschen und dessen Deutung. Dazu gehörte auch eine akribische Systematik der Elemente des Horoskops: der Fixsterne, der Planeten, der Tierkreiszeichen und der Aspekte. Das andere Kompendium sind die neun Bände der Anthologiae von Vettius Valens. Auch dabei handelt es sich um ein Lehrbuch der Geburtshoroskopie. Im Vergleich zu Ptolemäus war Vettius Valens mehr Priester als Wissenschaftler. Während das Tetrabiblos im Abendland über Jahrhunderte als Standardwerk galt, wurden die Anthologiae von arabischen Astrologen begeistert aufgenommen und verbreitet. Vettius Valens, der wie Ptolemäus der ägyptisch-hermetischen Richtung der damaligen Astrologie entstammte, bemühte sich anders als letzterer um eine Verständigung mit der babylonischen Richtung, wie sie etwa Berossos vertreten hatte.
Ptolemäus' Bestreben, die Astrologie zu formalisieren oder gar zu verwissenschaftlichen, war damals ungewöhnlich. Der kritische Geist befand sich auf dem Rückzug, und es herrschte mehr der Glaube als der Verstand. In der babylonischen oder chaldäischen Richtung der Astrologie wurden Vorhersagen oft mit religiösen Betrachtungen kombiniert. So ermahnte auch Vettius Valens seine Schüler, dem Schicksal und den heiligen Riten zu gehorchen. Den Astrologen, die zu ihrem Glauben standen, sei die Unsterblichkeit gewiss.
Ein bedeutender Verfechter der Astrologie war auch der neuplatonische Philosoph Iamblichos von Chalkis.[17] Er bezeichnete in seinen Mysterien der Ägypter die Astrologie als einen wesentlichen Teil des ägyptisch-hermetischen Glaubens. Und er betrachtete sie nicht nur als eine Technik der Vorhersage, sondern auch als eine Grundlage zur Beeinflussung der betreffenden Gottheiten im Sinne der Theurgie.
Das frühe Christentum befand sich in einem Zwiespalt gegenüber der Astrologie, da nach Auffassung vieler Kirchenlehrer die Vorherbestimmung des Schicksals dem freien Willen als unbedingter Voraussetzung (conditio sine qua non) des christlichen Glaubens widerspricht, andererseits ein astronomisches Ereignis mit einer astrologischen Aussage bezüglich der Geburt Christi verbunden wurde.[18] Nach der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion geriet die Astrologie im Römischen Reich allmählich ins Abseits.[19]
Mittelalter
Islam und Judentum
Im Mittelalter wurde die westliche Astrologie vor allem im islamischen Kulturbereich weiter gepflegt. Da der Koran zwar die Verehrung astraler Gottheiten verurteilt, aber die Interpretation himmlischer Zeichen zum Verständnis des Willens Allahs akzeptiert, unterstützten muslimische Herrscher seit jeher die Entwicklung der Astrologie wie auch anderer Wissenschaften.[20] Im Zuge der Ausbreitung der islamischen Kultur von Spanien bis nach China verbanden muslimische Gelehrte die hellenistischen und babylonischen Traditionen der Astrologie mit entsprechenden indischen und chinesischen Lehren.
Im 8. bis 10. Jahrhundert wurden in der arabischen Welt astrologische Texte gesammelt und übersetzt. Ein herausragendes Zentrum dieser Aktivitäten war die Bibliothek von Bagdad. Daher war zu dieser Zeit ein großer Teil der noch erhaltenen alten astrologischen Werke wie das Tetrabiblos in arabischer Übersetzung verfügbar. Parallel dazu wurden auch einige technische Erleichterungen der Arbeit der Astrologen entwickelt.
Die bedeutendsten Astrologen jener Zeit waren al-Kindi und sein Schüler Abu Ma'schar.[21] Al-Kindi entwickelte auf der Grundlage des stoischen Konzepts einer alles verbindenden Sympathie eine ganzheitliche Sicht des Kosmos, in dem himmlische und irdische Körper, aber auch Worte und Handlungen durch das Aussenden von Strahlen einander beeinflussen. Abu-Ma'schar betrachtete die Astrologie als eine mathematische Wissenschaft. In seinem einflussreichen Introductorium in Astronomia (lat. Übers.) gab er eine Übersicht über alle klassischen astrologischen Techniken einschließlich derer der Inder. In Zìj al-hazaràt sprach er davon, dass die Astrologie den Menschen ursprünglich durch göttliche Offenbarung gegeben worden, aber inzwischen weitgehend vergessen sei. Im Anschluss daran entwickelte er eine philosophische Grundlegung der Astrologie, die angeblich auf einer sehr alten Schrift basierte, welche lange verborgen gewesen sei und deren Inhalte er nun wieder zugänglich mache. Bedeutend waren auch Abu-Ma'schars Darlegungen über die dreifache Große Konjunktion, dem seltenen Ereignis, dass Jupiter und Saturn einander aus geozentrischer Sicht innerhalb eines Jahres dreimal hintereinander berühren. Dieser Konstellation wurde schon lange eine besondere Bedeutung zugeschrieben, aber Abu Ma'schar wendete das nun auf die Frage an, wann der Mahdi, die Entsprechung des Messias in der Schia, wiederkehren werde. Dies war das Vorbild für entsprechende Spekulationen in der jüdischen und christlichen Kultur bis in die Neuzeit.
Daneben war auch die jüdische Astrologie im Mittelalter bedeutend, insbesondere im islamischen al-Andalus.[22] Das einflussreichste Werk der jüdischen Astrologie jener Zeit war das Sepher reshît hokhmah von Abraham ibn Ezra.
Christentum
Auch unter christlichen Herrschern wurde weiterhin Astrologie betrieben, und einige von ihnen nutzten sie sogar, um ihre Macht zu legitimieren, darunter Karl der Große, Ludwig der Fromme, Heinrich II. und Friedrich II.[23] Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Astrologie erfolgte im frühen Mittelalter vor allem in Klöstern, wo das noch in lateinischer Sprache vorhandene astrologische Wissen rezipiert wurde, wie es insbesondere Boethius und Isidor von Sevilla zusammengetragen hatten. Isidor traf in seinen Etymologiae die folgenreiche Unterscheidung zwischen einer natürlichen und einer abergläubischen Astrologie. Als abergläubisch bezeichnete er die Bestrebungen der Astrologie, aus dem Geburtshororoskop den Charakter und das Schicksal eines Menschen bestimmen zu wollen. Er bestritt nicht, dass man auf diese Weise möglicherweise zu Erkenntnissen kommen könne, aber seit dem Sieg Christi sei das gegenstandslos und daher nicht mehr zulässig. Die nach Isidor zulässige natürliche Astrologie befasste sich etwa mit der Wettervorhersage oder mit medizinischen Fragen. In letzterer Hinsicht empfahl er, dass jeder Arzt eine astrologische Ausbildung haben solle.
Die Rezeption von Boethius und Isidor begann mit Beda Venerabilis um 700, der auf der Grundlage ihrer Lehren den christlichen Kalender reformierte und eine neue Berechnungsmethode für das Osterdatum anwandte; seine neuen Rechenmethoden waren die Grundlage für die Kalenderreform Karls des Großen.[24] Zentren der frühen christlichen Astrologie waren Klöster in Fulda, St. Gallen, Reichenau und Regensburg.
Im 12. Jahrhundert lehrten die Scholastiker Petrus Abaelardus und Hugo von Sankt Viktor, dass die Astrologie im Bereich der natürlichen Ursachen Aussagen machen könne, aber nicht über die vom Zufall und vom Willen Gottes abhängigen Contingentia. Dies sollte für Jahrhunderte zum offiziellen Standpunkt der Kirche werden. Adelard von Bath brachte Elemente der islamischen Astrologie in die christliche Astrologie ein. Um 1200 wurden Klöster zum Ausgangspunkt für die Ausbreitung der Astrologie u.a. an die Höfe.
In den 1260er Jahren schrieb der Scholastiker Albertus Magnus sein einflussreiches Speculum Astronomiae. Er unterschied zwischen magischer Anwendung und wissenschaftlicher Prüfung, und führte die Unterscheidung von Astronomie und Astrologie als zwei Zweigen einer Wissenschaft ein. Dabei betrachtete er die Astronomie als eine mathematische Disziplin, deren Berechnungen von der Astrologie interpretiert und für Aussagen über zukünftige Ereignisse verwendet werden. Die Astrologie führe alle irdischen Dinge auf ihre göttliche Quelle zurück und führe daher auch den Menschen zu Gott. Thomas von Aquin argumentierte, dass die Astrologie auf der Vernunft beruhe und dass diese den Willen bestimme. Dagegen wendeten Averroisten wie Johannes Duns Scotus ein, dass der Wille über der Vernunft stehe und dass daher auch Gottes Wille nicht von der Vernunft erfasst werden könne. Noch weiter als Albertus ging dagegen Roger Bacon, der Astrologie, Alchemie und Magie als empirische Wissenschaften betrachtete. Dabei bezog er sich u.a. auf Ptolemaeus und Abu Ma'schar und behauptete, dass kein ernsthafter Astrologe je eine fatalistische oder deterministische Position vertreten habe.
Neuzeit
In der Renaissance erlebte die gelehrte Astrologie eine Blütezeit, die bis in das späte 17. Jahrhundert andauerte.[25] Sie wurde vor allem an Höfen und an Universitäten gepflegt, wo sie mit der Astronomie und der Medizin verknüpft war. Der Schwerpunkt lag zunächst in Italien. Auch viele Päpste jener Zeit förderten die Astrologie, darunter Pius II., Sixtus IV., Leo X. und Paul III. Von Italien aus verbreitete sie sich dann in ganz Europa. Bedeutende Förderer im deutschsprachigen Raum waren die Habsburger.
Mit dem Aufkommen der Druckkunst setzte die Produktion zahlreicher populär-astrologischer Schriften wie Vorhersagen, Jahresprognosen, Almanachen und Darstellungen der astrologischen Medizin ein.[26] Besonderes Aufsehen erregten Vorhersagen aufgrund der Großen Konjunktion von 1484. Diese wurde als Ankündigung eines falschen Propheten und einer neuen heiligen Religion interpretiert, wobei letztere zu neuen Gesetzen führen würde, welche die Privilegien des Adels einschränken und den Armen helfen würden. Dies wurde später von Protestanten und Katholiken in entgegengesetzter Weise auf Martin Luther bezogen. Die Großen Konjunktionen wurden in der Folge auch zur vorausschauenden Datierung von Ereignissen verwendet, die in der Bibel vorhergesagt sind. Allerdings wendete die katholische Kirche sich gegen derartige Praktiken und setzte astrologische Schriften auf den Index, wohingegen die Astrologie sich in protestantischen Gegenden frei entwickeln konnte, obwohl Luther ihr kritisch gegenübergestanden hatte und Johannes Calvin sie ablehnte.
Zur Entwicklung der Renaissance-Astrologie trug bei, dass antike Schriften wiedergefunden wurden, die im Mittelalter unbekannt gewesen waren, und dass arabische und mittelalterliche Schriften in gedruckter Form Verbreitung fanden. Von besonderer Bedeutung war jedoch die Übersetzung des Tetrabiblos des Ptolemäus und des pseudo-ptolemäischen Centiloquiums aus den griechischen Originalen ins Lateinische in der Mitte des 16. Jahrhunderts.[27] Diese Übersetzungen bildeten die Grundlage einer reformistischen Strömung der Astrologie, deren bedeutendster Vertreter Gerolamo Cardano war und die sich in ganz Europa verbreitete. Man wollte die antike Astrologie, als deren bedeutendsten Exponenten man Ptolemäus ansah, vom arabischen „Aberglauben“ und von den Verlockungen der Magie befreien. Auch in der arabischen Welt entwickelte technische Neuerungen lehnten die „Ptolemäer“ ab.
Die sogenannte astronomische Revolution, der Übergang von der geozentrischen zur heliozentrischen Betrachtung des Universums, beeinträchtigte die Astrologie nicht.[28] Astrologen nahmen weiterhin die geozentrische Perspektive ein, und viele der Protagonisten der neuen Astronomie, darunter Nikolaus Kopernikus, Tycho Brahe und Johannes Kepler, betrieben zugleich astrologische Studien. Lediglich für die zugrundeliegenden Berechnungen wurde mit der Zeit das kopernikanische System übernommen.
Der ptolemäischen Richtung, die an die aristotelische Naturphilosophie anknüpfte, stand eine platonische und hermetische Interpretation der Astrologie gegenüber, wie sie von Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim, Paracelsus und Robert Fludd vertreten wurde.[28] Agrippa versuchte mit Hilfe der Astrologie in das Gewebe von Analogien einzudringen, das seiner Überzeugung nach die elementarische, die himmlische und die göttliche Welt verbindet. Eine dritte Richtung vertrat Kepler, der vor allem Fludd massiv kritisierte, aber zugleich Platons Auffassung des Kosmos als einem perfekt geordneten Ganzen aufgriff, in dem alles nach harmonischen geometrischen Proportionen geschaffen ist. Auf dieser Grundlage entwickelte er eine Theorie der Aspekte zwischen den Planeten entsprechend den wohlklingenden und missklingenden Akkorden in der Musik.
Als sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Naturphilosophie zunehmend einer mechanistischen Betrachtung des Universums zuwendete, verloren die philosophischen Grundlagen der Astrologie an Plausibilität.[29] Dies führte zum Niedergang der gelehrten Astrologie, die bald an den Universitäten nicht mehr vertreten war, und hatte auch vermehrte Verbote der Ausübung der Astrologie zur Folge.
Im Zeitalter der Aufklärung distanzierten sich gebildete Kreise noch deutlicher von der Astrologie.[29] So bezeichneten Jean-Baptiste le Rond d’Alembert und Denis Diderot in ihrer Encyclopédie die Astrologie als einer Betrachtung durch vernünftige Menschen unwürdig, und Voltaire schloss sich dieser Auffassung an. Zu dieser Zeit waren Untersuchungen der Astrologie weitgehend auf Geheimgesellschaften beschränkt, in denen im 18. Jahrhundert eine Wiederbelebung der hermetischen Astrologie in Verbindung mit neuplatonischen und gnostischen Elementen erfolgte.
Im 19. Jahrhundert kam es speziell in England erneut zu einer Blüte astrologischer Studien, die sich an der ptolemäischen Richtung orientierten und sich vor allem mit technischen Aspekten und empirischen Überprüfungen befassten.[30] In Frankreich dagegen wurde die Astrologie erst im späten 19. Jahrhundert überwiegend in Geheimgesellschaften wieder gepflegt. Diese esoterische Astrologie wurde dann vor allem durch Eliphas Lévi und Papus popularisiert. Parallel entwickelte sich im englischen Sprachraum im Umfeld der 1875 gegründeten Theosophischen Gesellschaft eine esoterische Spielart der Astrologie, deren wichtigste Vertreter Sepharial und Alan Leo waren. Leos Lehrbücher trugen sehr zur Popularisierung der Astrologie bei.[31]
In Deutschland bewirkte Karl Brandler-Pracht um 1905 ein Wiederaufleben der Astrologie.[31] In den folgenden Jahrzehnten wurden dort diverse neue Ansätze entwickelt, von denen der erfolgreichste die »Theorie der Halbsummen« von Alfred Witte und Reinhold Ebertin war.
Die berühmteste Astrologin des frühen 20. Jahrhunderts war Evangeline Adams. Sie siedelte sich 1900 in New York an und beriet als Astrologin viele Personen, darunter auch Millionäre wie J. P. Morgan, den Sänger Enrico Caruso oder den britischen König Edward VII. 1914 wurde sie wegen Wahrsagerei angeklagt, jedoch freigesprochen.
In seinem 1926 erschienenen Buch Astrologie als Erfahrungswissenschaft legte Herbert von Klöckler eine statistische Untersuchung von Korrelationen zwischen astrologischen Faktoren und Ereignissen wie Unfällen, Morden, Selbstmorden oder Ehescheidungen vor. Zu den Unterstützern einer solchen „wissenschaftlichen“ Astrologie gehörten der Biologe Hans Driesch und der Paläontologe Edgar Dacqué.[32]
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war die Astrologie vorwiegend ereignisorientiert. Insofern sie sich mit dem Charakter von Personen befasste, geschah dies zumeist auf der Grundlage sehr einfacher Vorstellungen von der Persönlichkeit. Der Exponent der dann folgenden Hinwendung zur neueren Psychologie war Dane Rudhyar mit seinem Buch The Astrology of Personality (1936), in dem er die Astrologie mit Psychologie (Carl Gustav Jung) und Theosophie (Alice Bailey) verband.[31]

Die an der Psychologie orientierte Astrologie steht Prognosen skeptisch bis ablehnend gegenüber und legt besonderen Wert auf die Willensfreiheit und die Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen, während das Individuum teildeterministisch an seine astrologisch deutbaren Veranlagungen, Begabungen und Schwächen gebunden sei.[33] Die meisten Vertreter dieser Richtung beziehen sich auf Jungs Tiefenpsychologie, in der das Synchronizitätsprinzip eine bedeutende Rolle einnimmt. Ereignisse im Leben eines Individuums können „zufällig“ so mit Gestirnskonstellationen zusammenfallen, dass sich in der symbolischen Deutung sinnvolle Aussagen ergeben. Damit hat sich die Astrologie von der Idee einer kausalen Einwirkung astronomischer Faktoren auf den Menschen gelöst. Hans Driesch sprach von der Astrologie als einer Lehre „akausaler Korrelationen“.[34]
Seit den späten 1960er Jahren erlebt die westliche Astrologie einen ausgesprochenen Boom. Ein wesentlicher Auslöser war das Konzept des Wassermannzeitalters, wie es durch das Musical Hair bekannt wurde.[31] Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs findet sie auch zunehmend Anhänger im ehemaligen Ostblock, und im Zuge der Globalisierung verbreitet sie sich weltweit.
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